Dieser Artikel erklärt:
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CHANCEN HERAUSFORDERUNGEN FÜR UKRAINISCHE UNTERNEHMEN AUF DEM DEUTSCHEN MARKT
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BEISPIELE VON ERFOLGREICHEN PARTNERSCHAFTEN
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KULTURELLE STRUKTURELLE UND GESCHÄFTLICHE DIFFERENZEN ZWISCHEN DEUTSCHEN UND UKRAINISCHEN GESHÄFTSPARTNERN
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UNTERSCHIEDE IN DER GESCHÄFTSKULTUR MIT VERBESSERUNGSPOTENZIAL
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KNIGGE IM UMGANG MIT UKRAINISCHEN GESHÄFTSPARTNERN - ZUSAMMENFASSUNG
1. HERAUSFORDERUNGEN FÜR UKRAINISCHE UNTERNEHMEN AUF DEM DEUTSCHEN MARKT
Die Exportaktivitäten der Ukraine nach Deutschland zeigen seit Beginn des russischen Angriffskriegs 2022 eine insgesamt positive Tendenz – trotz schwieriger Rahmenbedingungen. Im Jahr 2023 erreichte das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern einen Rekordwert von 9,9 Milliarden Euro. Bis zum dritten Quartal 2024 stieg dieses Volumen um weitere 17 %gegenüber dem Vorjahr. Deutschland zählt damit weiterhin zu den wichtigsten Handelspartnern der Ukraine in der EU. Es lässt sich festhalten, dass bilateraler Handel auf Rekordniveau liegt. Dabei sind zwei Geschäftsausrichtungen besonders im Fokus: Agrarprodukte und IT-Dienstleistungen.
Agrarprodukte: Stabiler Exportschwerpunkt
Die Ukraine bleibt ein bedeutender Agrarproduzent. Im Wirtschaftsjahr 2023/2024 exportierte sie rund 67 Millionen Tonnen an Getreide, Ölsaaten und verarbeiteten Produkten. Im ersten Halbjahr 2024 beliefen sich die Ausfuhren von Agrar- und Ernährungsprodukten auf 11,4 Milliarden Euro, was einem Anstieg von 5 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Deutschland importierte davon fast 800 Millionen Euro.
IT-Dienstleistungen: Wachsende digitale Exporte
Ein besonders dynamisch wachsender Bereich ist die IT- und Digitalwirtschaft:Die ukrainische IT-Branche exportierte 2023 weltweit Dienstleistungen im Wert von rund 6,7 Milliarden USD. Deutschland gehört zu den wichtigsten Zielländern für IT-Outsourcing, Softwareentwicklung, Cybersicherheit und KI-Dienste. Zahlreiche deutsche Unternehmen arbeiten mit ukrainischen Teams zusammen – sowohl über Agenturen als auch direkt über Remote-Modelle. Diese digitalen Exporte sind zwar nicht Teil des klassischen Warenhandels, fließen aber als Dienstleistungsexporte direkt in die ukrainische Leistungsbilanz ein – und tragen erheblich zur Deviseneinnahme bei.
Auf der anderen Seite stehen ukrainische Unternehmen in Deutschland auch vor verschiedenen Herausforderungen. Zu den wichtigsten zählen:
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Sprachbarriere: Deutsch ist die vorherrschende Sprache in Deutschland. Und obwohl viele Menschen Englisch sprechen, kann die Sprachbarriere den Geschäftsverkehr erschweren, insbesondere in Bereichen, in denen eine direkte Kommunikation mit Kunden oder Geschäftspartnern erforderlich ist.
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Kulturelle Unterschiede: Deutschland hat seine eigenen kulturellen Normen und Geschäftspraktiken, die sich von denen in anderen Ländern unterscheiden.
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Bürokratie und Vorschriften: Deutschland hat ein komplexes System von Vorschriften und Bürokratie, das es ausländischen Unternehmen schwer machen kann, sich anzupassen und effektiv zu arbeiten. Dies gilt insbesondere für Bereiche wie Steuern, Arbeitsrecht und Zertifizierung.
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Wettbewerb: Der deutsche Markt ist oft hart umkämpft, insbesondere in Branchen wie der Automobilindustrie, der Technologie und dem Maschinenbau. Ukrainische Unternehmen müssen unter Umständen mit gut etablierten deutschen Unternehmen konkurrieren, die über langjährige Erfahrung und ein starkes Netzwerk verfügen.
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Verbraucherpräferenzen: Deutsche Verbraucher haben spezifische Präferenzen und Erwartungen an Produkte und Dienstleistungen. Ukrainische Unternehmen müssen ihre Produkte und Marketingstrategien möglicherweise anpassen, um diesen Vorlieben gerecht zu werden.
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Logistik und Vertrieb: Herausforderungen an die logistische Infrastruktur und den Vertrieb können je nach Branche und Region unterschiedlich sein. Im Allgemeinen lässt sich festhalten, dass einige wichtige Punkte in Betracht gezogen werden dürfen:
- Verzögerungen an den Grenzen aufgrund von Sicherheitskontrollen, Bürokratie oder Personalengpässen.
- Komplexe Zollprozesse, besonders bei dual-use-Gütern oder kriegsrelevanten Produkten.
- Unterschiedliche Zertifizierungs- und Dokumentationsstandards.
Die Wahl der richtigen Markteintrittsstrategie ist entscheidend für den Erfolg. Dies kann die Gründung einer eigenen Niederlassung, die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern oder die Nutzung von Vertriebskanälen sein. Eine sorgfältige Marktanalyse und eine gezielte Vorbereitung helfen, Herausforderungen zu meistern und Chancen zu nutzen.
2. BEISPIELE VON ERFOLGREICHEN PARTNERSCHAFTEN
In einer Zeit geopolitischer Unsicherheit und wirtschaftlicher Umbrüche sind Zugang und Verständnis die entscheidenden Voraussetzungen für erfolgreiche Partnerschaften. Viele potenzielle Geschäftspartner in Deutschland und der Ukraine verfügen nicht über tiefgreifendes Wissen über das jeweils andere Unternehmen – etwa über Historie, Werte, Know-how, Eigentümerstruktur oder lokale Netzwerke. Doch genau diese Aspekte sind für eine nachhaltige und vertrauensvolle Zusammenarbeit entscheidend. Der Schlüssel zum erfolgreichen Geschäft liegt darin, strategische Partnerschaften zu bilden.
Städtepartnerschaften als strategische Brücke
Städtepartnerschaften zwischen deutschen und ukrainischen Kommunen bieten eine einzigartige Plattform, um:
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kulturelles Verständnis zu fördern,
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persönliche Kontakte zu knüpfen,
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gemeinsame wirtschaftliche Interessen zu erkennen und
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geschäftliche Risiken realistischer einzuschätzen.
Sie schaffen einen niedrigschwelligen, vertrauensbasierten Rahmen, der Unsicherheiten abbaut – insbesondere bei Erstkontakten. Jede neue Geschäftsbeziehung ist zunächst ein unbeschriebenes Blatt – und Städtepartnerschaften helfen, es mit glaubwürdigen Begegnungen, Praxisbeispielen und lokalen Referenzen zu füllen.
Anbei die Top 10 Partnerschaften.
1. Kiew (Kyiv) – Berlin
- Projektumfang: Diese Partnerschaft umfasst viele verschiedene Aspekte, von der Infrastrukturhilfe bis hin zu kulturellen Austauschen und der humanitären Unterstützung. Nach Beginn des Ukraine-Konflikts im Jahr 2022 stellte Berlin über 100 Millionen Euro an Soforthilfen bereit. Dazu kamen Zahlreiche Hilfsaktionen von zivilgesellschaftlichen Organisationen. In der Infrastrukturhilfe wurden 2022 rund 15 Millionen Euro für den Wiederaufbau von Infrastruktur (z. B. Straßen, öffentliche Verkehrsmittel) zur Verfügung gestellt.
- Skalierung: Zahlreiche gemeinsame Projekte, aber schwer in exakten Zahlen zu fassen, da die Partnerschaft auch kulturelle und bildungspolitische Programme umfasst.
2. Lwiw (Lviv) – München
- Projektumfang: München unterstützte Lwiw mit mehr als 20 Millionen Euro für den Wiederaufbau und die Verbesserung von städtischen Infrastrukturen, vor allem im Bereich Digitale Stadtentwicklung. Zusammenarbeit mit rund 30 Start-ups in den Bereichen IT, digitale Innovation und E-Government-Dienste, die durch Programme und Plattformen in München unterstützt wurden.
- Skalierung: Hier wurden Dutzende von Unternehmen und Bildungsinitiativen unterstützt, ein besonders großes Projekt war die digitale Transformation der städtischen Verwaltung.
3. Odessa – Hamburg
- Projektumfang: Odessa und Hamburg haben mehrere Hafenkooperationsprojekte: Hamburg unterstützte den Ausbau des Odessa-Hafens mit rund 5 Millionen Euro für Logistik- und Technologieentwicklungen, vor allem zur Modernisierung der Hafenanlagen und des Containerumschlags. Zudem flossen in den letzten Jahren ca. 10 Millionen Euro in den Bereich Schifffahrt und maritimer Wirtschaft.
- Skalierung: Etwa 50 Unternehmen waren direkt an den Projektumsetzungen beteiligt, von Hafenbetreibern bis zu Logistikunternehmen.
4. Dnipro – Dortmund
- Projektumfang: Dnipro und Dortmund haben insbesondere im Bereich der Abfallwirtschaft und Wasseraufbereitung zusammengearbeitet: Projektbudget für Wasseraufbereitungsanlagen lag bei rund 7 Millionen Euro, wobei Dortmund bei der Planung und Umsetzung der Abwasseraufbereitungssysteme half. Fachkräfte-Austausch: Über 100 Ingenieure und Spezialisten aus Dnipro wurden in Dortmund geschult, um Technologien zu transferieren.
- Skalierung: Zahlreiche Schulungen und Workshops wurden organisiert, und etwa 500.000 Menschen profitieren direkt von der verbesserten Infrastruktur in Dnipro.
5. Kharkiv – Frankfurt am Main
- Projektumfang: Zusammenarbeit im Bereich Finanztechnologie und E-Government. Frankfurt am Main unterstützte Kharkiv mit rund 3 Millionen Euro bei der Entwicklung von digitalen Finanzlösungen und finanziellen Schulungsprogrammen für Unternehmen. 200 Start-ups und Finanzunternehmen wurden bei der Implementierung neuer Technologien begleitet.
- Skalierung: Der E-Government-Umstieg betraf über 1 Million Einwohner in Kharkiv, da viele städtische Dienste digitalisiert wurden.
6. Charkiw – Stuttgart
- Projektumfang: Stuttgart half Charkiw insbesondere im Bereich Automobilindustrie und Maschinenbau. Stuttgart stellte etwa 4 Millionen Euro für den Aufbau moderner Fertigungstechnologien zur Verfügung. In den letzten Jahren wurden 50 Ingenieure aus Charkiw nach Stuttgart entsandt, um Fertigungstechniken und industrielle Automatisierung zu lernen.
- Skalierung: Zehntausende von Arbeitsplätzen wurden durch die Einführung moderner Maschinenbauverfahren geschaffen, vor allem in der Automobilindustrie.
7. Ternopil – Erlangen
- Projektumfang: Erlangen unterstützte Ternopil im Bereich Medizin und Gesundheitswesen. Besonders erfolgreich war ein Projekt zur Unterstützung von Medizintechnik-Start-ups, mit einer Gesamtsumme von etwa 2,5 Millionen Euro. Es gab auch mehrere Fortbildungsprogramme für Mediziner, bei denen über 1.000 Ärzte und Gesundheitsexperten aus Ternopil an Workshops und Fortbildungen in Erlangen teilnahmen.
- Skalierung: Direkter Einfluss auf Tausende von Patienten in Ternopil durch verbesserte Diagnostik und Behandlungstechniken.
8. Zaporizhzhia – Duisburg
- Projektumfang: Duisburg half bei der Entwicklung von Industrieparks und Fertigungsstätten, mit einem Fokus auf Metallproduktion und Maschinenbau. Das Budget hierfür lag bei rund 6 Millionen Euro. Zahlreiche Unternehmen aus Duisburg engagierten sich direkt in der Förderung der Schwerindustrie in Zaporizhzhia.
- Skalierung: Die Projekte betreffen dutzende von Fabriken und haben die Arbeitsbedingungen für tausende Arbeiter verbessert.
9. Poltava – Rostock
- Projektumfang: Rostock unterstützte Poltava insbesondere im Bereich Bildungskooperationen und Stadtentwicklung. Investitionen in den Bereich universitäre Forschung und Austauschprogramme beliefen sich auf 2 Millionen Euro. Über 500 Studierende und Wissenschaftler nahmen an Austauschprogrammen teil.
- Skalierung: Diese Programme haben langfristig zu einem großen Wissensvorsprung in bestimmten Bereichen wie Umweltschutz und Stadtplanung geführt.
10. Mykolajiw – Bremen
- Projektumfang: Bremen unterstützte Mykolajiw mit rund 3 Millionen Euro im Bereich Schiffbau und maritime Wirtschaft. Dies beinhaltete den Austausch von Experten und die Unterstützung von Werften und Schiffsbauprojekten. Zahlreiche Unternehmen aus Bremen halfen bei der Modernisierung von Schiffswerften.
- Skalierung: Diese Projekte hatten direkten Einfluss auf Hunderte von Arbeitsplätzen in der Werftindustrie und trugen zur Effizienzsteigerung bei.
Die deutsche Unterstützung in den Städtenpartnerschaften mit der Ukraine ist vielfältig und reicht von Infrastrukturprojekten über wirtschaftliche Zusammenarbeit bis hin zu Bildungsinitiativen. Die gesamten Investitionen in diese Partnerschaften sind mehrere hundert Millionen Euro wert. Viele der Projekte betreffen mehrere Zehntausend bis Millionen von Menschen und zielen auf langfristige Verbesserungen in den betroffenen Städten ab.
3. Kulturelle, strukturelle und geschäftspraktische Differenzen zwischen deutschen und ukrainischen Geschäftspartnern.
Deutsche Unternehmer nehmen bei der Zusammenarbeit mit ukrainischen Geschäftspartnern einige kulturelle, strukturelle und geschäftspraktische Differenzen wahr. Diese Unterschiede sind nicht grundsätzlich negativ, können aber die Zusammenarbeit beeinflussen und sollten daher bewusst gehandhabt werden. Hier sind zentrale Differenzen:
1. Geschäftskultur und Kommunikation
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Direktheit vs. indirekte Kommunikation: Deutsche Geschäftspartner sind oft sehr direkt und sachlich in ihrer Kommunikation. Ukrainische Partner zeigen tendenziell kommunizieren indirekter, um Konflikte zu vermeiden oder Respekt auszudrücken.
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Hierarchiedenken: In der Ukraine ist die Unternehmensstruktur oft stärker hierarchisch geprägt. Entscheidungen werden eher von oben getroffen, während in Deutschland flachere Hierarchien und Mitspracherechte üblicher sind.
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Vertrauensaufbau: In der Ukraine ist persönliches Vertrauen besonders wichtig für Geschäftsbeziehungen. Deutsche Unternehmer sind stärker an formalen Kriterien orientiert (Verträge, Compliance, etc.).
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Flexibilität vs. Planorientierung: Ukrainische Unternehmer gelten als sehr flexibel und lösungsorientiert, oft aufgrund der Notwendigkeit, mit Unsicherheiten und instabilen Rahmenbedingungen umzugehen. Deutsche Unternehmer bevorzugen klare Planungen, Prozesse und Strukturen.
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Zeitverständnis und Pünktlichkeit: In Deutschland wird Pünktlichkeit sehr hoch bewertet, Termine sind verbindlich. In der Ukraine kann Zeitplanung flexibler gehandhabt werden.
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Persönlichkeitsorientiert: Beziehungen sind in der Ukraine oft persönlicher geprägt. Deutsche Geschäftspartner bemerken, dass Vertrauen über persönliche Kontakte aufgebaut wird, was mehr Zeit und emotionale Intelligenz erfordert.
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Weniger formell, aber engagiert: Deutsche Partner berichten, dass ukrainische Kollegen manchmal weniger formell und strukturorientiert arbeiten, dafür aber mit großem Einsatz und Improvisationstalent.
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Schnelle Reaktion, aber mit weniger Planungstiefe: Ukrainische Geschäftspartner reagieren oft schnell und flexibel, aber die langfristige Planung und Dokumentation wirken mitunter weniger ausgeprägt, was für deutsche Partner ungewohnt sein kann.
2. Arbeitsweise und Planung
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Rechtsrahmen und Vertragswesen. Deutsche Unternehmen legen großen Wert auf schriftliche Verträge und deren Einhaltung. In der Ukraine können Verträge eher als Richtlinie denn als unverrückbare Verpflichtung gesehen werden – persönliche Absprachen haben teils mehr Gewicht.
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Stärken ukrainischer Partner. Ukrainische Geschäftspartner (insbesondere in der IT, Tech oder Maschinenbau-Branche) werden oft als sehr kompetent, pragmatisch und innovationsfreudig wahrgenommen. Sie bringen eine hohe technische Qualifikation mit – insbesondere junge Fachkräfte.
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Risikoabwägung: durch Einfluss des Kriegs (seit 2022): Die instabile politische und wirtschaftliche Lage führt auf deutscher Seite zu erhöhter Vorsicht bei Investitionen und langfristiger Planung mit ukrainischen Partnern.
Ukrainische Geschäftspartner werden zunehmend als kompetent, engagiert und belastbar wahrgenohmen, die technologisch versiert und europäisch orientiert sind. Trotz kultureller Unterschiede und struktureller Herausforderungen wächst die Bereitschaft zur Zusammenarbeit – insbesondere, wenn auf beiden Seiten Offenheit, Vertrauen und Verbindlichkeit herrschen. Die Differenzen zwischen deutschen und ukrainischen Geschäftspartnern liegen primär in Kommunikationsstil, Entscheidungsprozessen, Planungssicherheit. Mit kultureller Sensibilität, Offenheit und klarer Kommunikation lassen sich diese Unterschiede jedoch gut überbrücken.
4. Unterschiede in der Geschäftskultur mit Verbesserungspotenzial:
Obwohl die Zusammenarbeit insgesamt positive Tendenzen zeigt, sehen viele deutsche Unternehmer noch Potenzial für Verbesserungen – sowohl auf individueller als auch auf struktureller Ebene.
1. Transparenz und Rechtsklarheit
Herausforderungen:
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Unsicherheit bei Rechtsdurchsetzung: Verträge werden teils als unverbindlicher angesehen, was deutsche Partner verunsichert.
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Transparenz: Besonders bei Behörden, Ausschreibungen oder Genehmigungsverfahren bestehen weiterhin Vorbehalte.
Potenzial
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Stärkere Harmonisierung mit EU-Rechtsstandards
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Digitale Verwaltungsprozesse zur Minimierung intransparenter Strukturen
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Ausbau von Schiedsgerichten oder neutralen Streitbeilegungsmechanismen
2. Projekt- und Prozessmanagement
Herausforderungen
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Fehlende Standardisierung und Dokumentation
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Häufig eine kurzfristig orientierte Planung
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Unterschiedliche Erwartungen in Bezug auf Zeit- und Qualitätsmanagement
Potenzial
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Einführung klarer Projektmanagementstandards (z. B. nach PMI oder ISO)
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Professionalisierung von Abläufen – z. B. durch Schulungen, externe Berater
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Ausbau digitaler Tools für Kommunikation, Aufgabenverfolgung, Reporting
3. Kommunikation & interkulturelles Verständnis
Herausforderungen
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Unterschiedliche Kommunikationsstile (direkt vs. indirekt)
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Fehlinterpretationen aufgrund kultureller Missverständnisse
Potenzial
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Interkulturelle Trainings auf beiden Seiten
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Klare, transparente Kommunikation von Erwartungen und Deadlines
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Mehr sprachliche Schulungen (Englisch, ggf. Deutsch)
4. Netzwerk & langfristige Partnerschaften
Herausforderungen
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Oft kurzfristige, projektbezogene Kooperationen statt strategischer Allianzen
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Wenig Verständnis für die jeweils andere Marktlogik
Potenzial
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Aufbau strategischer Partnerschaften und Joint Ventures
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Bilateral geförderte Netzwerke, z. B. durch Kammern, Branchenverbände oder Cluster
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Austauschprogramme und Unternehmerreisen (Learning Visits)
5. Infrastruktur und Standortbedingungen (Ukraine)
Herausforderungen
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Kriegsschäden, Energieengpässe, unzuverlässige Logistik
- Mangel an stabilen Rahmenbedingungen für Investitionen
Potenzial
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Beteiligung deutscher Firmen am Wiederaufbau mit Know-how und Kapital
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Nutzung von Sonderwirtschaftszonen oder Investitionsschutzabkommen
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Internationale Förderung (EU, GIZ, Weltbank) gezielter einsetzen
Diese genannten Punkte sind nicht als Kritik zu verstehen, sondern als realistisches Entwicklungspotenzial – viele ukrainische Unternehmen arbeiten bereits gezielt daran. Mit gegenseitigem Verständnis und gezielter Unterstützung kann sich die Partnerschaft deutlich vertiefen.
5. KNIGGE IM UMGANG MIT UKRAINISCHEN GESHÄFTSPARTNERN - ZUSAMMENFASSUNG
1. Persönlicher Kontakt ist entscheidend
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Beziehungen vor Geschäften: Vertrauen und persönliche Beziehungen spielen eine große Rolle. Ohne eine gewisse persönliche Ebene kommt es selten zu Geschäftsabschlüssen.
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Begrüßung: Ein fester Händedruck mit direktem Blickkontakt ist üblich (bei Männern – Frauen oft zurückhaltender).
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Visitenkarten: Diese sollten auf Ukrainisch und Englisch vorliegen.
2. Kommunikation – klar, aber höflich
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Direkte Kommunikation: Ukrainische Geschäftspartner kommunizieren klar, aber in der Anfangsphase meist formeller und zurückhaltender.
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Sprachbarriere beachten: Englisch ist im Geschäftsleben verbreitet, aber nicht selbstverständlich. Dolmetscher oder Übersetzungen sind oft hilfreich.
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Small Talk: Persönlicher Small Talk über Familie oder Herkunft kann Vertrauen fördern.
3. Hierarchien und Entscheidungsfindung
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Hierarchisch geprägt: Entscheidungen werden häufig von der Führung getroffen – nicht von Teams oder Abteilungen.
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Geduld bei Entscheidungen: Entscheidungsprozesse können dauern – Drängen wirkt oft kontraproduktiv.
4. Pünktlichkeit und Termine
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Pünktlichkeit wird geschätzt, auch wenn nicht immer strikt eingehalten.
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Termine gut vorbereiten: Strukturierte Präsentationen und schriftliche Unterlagen (auch in Übersetzung) sind gern gesehen.
5. Geschenke und Geschäftsessen
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Kleine Geschenke (Werbegeschenke, Spezialitäten aus dem eigenen Land) werden geschätzt, aber nicht erwartet.
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Einladungen zum Essen sind üblich und wichtig zur Beziehungspflege – lehnen Sie nicht zu schnell ab.
6. Verträge und Verbindlichkeit
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Verträge sind wichtig, aber oft zählt das persönliche Wort ähnlich viel.
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Nachverhandlungen sind nicht unüblich – Flexibilität und Geduld sind gefragt.
7. Klassisch-konservative Geschäftskleidung ist Standard: Anzug und Krawatte für Männer, elegante Kleidung für Frauen.
Fazit: Vertrauen ist die Währung der Zusammenarbeit
Der Aufbau erfolgreicher Geschäftsbeziehungen mit ukrainischen Partnern verlangt mehr als Fakten und Verträge – er basiert auf gegenseitigem Verständnis, kulturellem Feingefühl und persönlichem Engagement. Gerade in einem wirtschaftlichen Umfeld, das von Unsicherheiten und Wandel geprägt ist, sind verlässliche Kontakte, klare Kommunikation und gegenseitiger Respekt entscheidend. Städtepartnerschaften, persönliche Begegnungen und lokales Engagement können dabei helfen, die oft unsichtbaren Barrieren zu überwinden, die zwischen Geschäftschancen und konkreter Zusammenarbeit stehen. Wer bereit ist, sich mit Geduld, Offenheit und einem gewissen Maß an kultureller Sensibilität einzubringen, legt den Grundstein für nachhaltige Partnerschaften auf Augenhöhe. Denn am Ende gilt: Vertrauen entsteht durch Nähe – nicht nur durch Absichtserklärungen.